Warum schweigt Wolfgang Thierse?
Jurgis Szlaza
Die Aktuelle Stunde des Bundestages am 21.01.2011 wird als „Horror“-Stunde in die
Geschichte der BRD eingehen. Die sogenannte Kommunismus-Debatte hat anschaulich und
deutlich gezeigt, wessen Geistes Kind die Abgeordneten des Bundestages der gleichgerich-
teten Parteien CDU, CSU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen sind und mit welcher
aggressiven und engstirnigen politischen Geisteshaltung die so Empörten aufgetreten sind.
Sie haben ihre wahre Gesinnung offenbart. Es hat in der Hysterie der einzelnen Redner nur
noch der Aufruf zur Verfolgung und Liquidierung der LINKEN gefehlt. Der Antikommunismus
und die Angst vor gesellschaftlichen Veränderungen bringen es zu Tage. Solche Umgangs-
formen gegenüber den LINKEN wie Versöhnung, Achtung der Menschenwürde, Respekt und
Achtung voreinander, Fairness gegenüber dem politischen Gegner, Akzeptanz der Meinung
des Andersdenkenden sind diesen Politikern im Bundestag fremd.
In Deutschland gibt es genügend „Helden des Plagiats“. Es gibt aber auch solche, die sich
„sogenannter Zitate“ von berühmten Persönlichkeiten bedienen, um die Fackel des
Antikommunismus hochzuhalten. Ein solcher Gladiator des Antikommunismus ist der
Vizepräsident des Bundestages Dr. h.c. Wolfgang Thierse. Er hat sich zur Aktuellen Stunde
des Bundestages am 21.01.2011 erdreistet, folgendes „sogenannte Zitat“ des international
bekannten Philosophen Ernst Bloch zu verwenden, um die Partei DIE LINKE frontal
anzugreifen:
„Meine Damen und Herren von den LINKEN, Sie kennen hoffentlich die unbequeme Frage
von Ernst Bloch schon aus den 30-er Jahren des vorigen Jahrhunderts: Hat der Stalinismus
den Kommunismus bis zur Unkenntlichkeit verzerrt oder vielmehr zur Kenntlichkeit gebracht?
Diese Frage ist durch die blutige Bilanz der kommunistischen Bewegung endgültig
beantwortet.“
Danach frenetischer Beifall der Abgeordneten des Bundestages (außer den LINKEN). Diese
Aussage bedeutet nichts anderes als Stalinismus = Kommunismus. Das ist die Definition für
Kommunismus der im Bundestag gleichgerichteten Parteien.
Die Rede von W.Thierse im Bundestag am 21.01.2011 war für den Autor Anlaß, an diesen am
01.02.2011 einen Brief per Email zu schreiben mit der Bitte ihm mitzuteilen, bei welcher
Gelegenheit oder in welchem Werk von Ernst Bloch das oben genannte Zitat zu finden ist. Da
keine Antwort erfolgte, stellte der Autor am 05.03.2011 dieselbe Frage unter
www.abgeordnetenwatch.de ins Internet. Fehlanzeige, bisher keine Reaktion von Herrn
Thierse. Warum antwortet er nicht? Hat er was zu verbergen? Nein, die oben erwähnte
Äußerung ist ein Machwerk von Herrn Thierse unter fälschlicher Verwendung des Namens
von Ernst Bloch. Wie soll man das bezeichnen? Die Methoden sind vielfältig, mit denen der
Antikommunismus geschürt wird. Eine Analyse der Reden der Abgeordneten zur Aktuellen
Stunde des Bundestages am 21.01.2011 ist bestimmt einer gründlichen Untersuchung und
Beurteilung wert.
Die Traditionslinie des Antikommunismus, beginnend seit 1933, in der Politik der BRD setzt
sich bis heute fort, und zwar in allen Parteien außer den LINKEN. Die Nazis und Kriegs-
verbrecher wurden nach 1945 gebraucht, die Kommunisten hat man verfolgt und verurteilt
und die LINKEN werden heutzutage hasserfüllt Beleidigungen und Verunglimpfungen
ausgesetzt. Mit Menschenwürde hat das nichts zu tun. Der Antikommunismus ist in der
deutschen Bevölkerung tief verwurzelt. Schon bei der Benennung des Wortes
„Kommunismus“ - den es als Gesellschaftsordnung außer in der Theorie überhaupt noch
nicht gegeben hat – wird man als Gegner der freiheitlich- demokratischen Grundordnung der
BRD abgestempelt und läßt die Lichter des Hasses bei den Konservativen,
Sozialdemokraten und Grünen aufleuchten. Wer es in ehrlicher Sorge wagt, Bedenken über
gängige Politik zu äußern, wird von der politischen Öffentlichkeit zerrissen.
Diese gesellschaftliche Entwicklung in der BRD ist besorgniserregend um so mehr, als der
Hass gegen die LINKEN sich in der letzten Zeit z.B. auch so geäußert hat, dass
–
die linken Bundestagsabgeordneten weiterhin vom Verfassungsschutz überwacht
und bespitzelt werden,
–
auf Antrag der sächsischen NPD für zwei Abgeordnete der LINKEN ihre Immunität
im Bundestag durch alle gleichgerichteten Parteien aufgehoben wurde, um gegen
sie einen Prozeß wegen Teilnahme an einer Demonstration gegen Nazis in Dresden
durchführen zu können,
–
durch sogenannte Zählgemeinschaften von SPD, CDU und Grünen die Wahl von
Bürgermeistern der LINKEN in Berlin verhindert wurde,
–
bei der Auswahl des neuen Bundespräsidenten die LINKEN von vornherein nicht
einbezogen wurden,
–
zu der Beratung der Bundeskanzlerin mit den Fraktionsvorsitzenden der Parteien im
Bundestag über den Fiskalpakt die LINKEN nicht eingeladen wurden.
Diese Liste ließe sich noch beliebig weiterführen. Mit Demokratieverständnis hat das nichts
mehr zu tun, denn der Feind steht links. Der Staat und die Regierung sind auf dem rechten
Auge blind. Dieser „demokratische“ Staat, der seit seiner Gründung jahrzehntelang ganze
Scharen von Kriegs- und Naziverbrechern in entscheidende Ämter der BRD integrierte,
verfolgt nach Verschwinden der DDR mit großer Intensität die Ausgrenzung und Diffamierung
all derer, die sich als Linke bekennen und aktiv für Alternativen zum Kapitalismus einsetzen.
Der Antikommunismus findet seine gesellschaftsbestimmende Fortsetzung im Handeln der
bürgerlichen Parteien dieses Landes. Im Gegensatz zum Verbot der KPD und dem
Radikalenerlaß, die die kleinsten Übungen für diesen Staat waren, lassen die zögerlichen
Bemühungen aller bisherigen Regierungen der Bundesrepublik Deutschland, den für die
Demokratie gefährlichen braunen Sumpf trockenzulegen und die NPD zu verbieten, auf
wenig Veränderungen hoffen.