Hommage an die Professoren Dr. R.G.Barantzew und Dr. R.N.Miroschin
Jurgis Szlaza
Dankbar und stolz kann ich auf mein Leben zurückblicken. Wenn ich mir die Frage stelle, welche Jahre
eindrucksvoll und prägend waren und ich sie gern in meiner Erinnerung aufrufe, dann ist das vor allem die
Zeit von 1956-1964. Es waren die Jahre meines Studiums und meiner Aspirantur in der Sowjetunion an der
Mathematisch-mechanischen Fakultät der Leningrader Staatlichen Universität. Die Jahre waren für mich die
Grundlage für ein erfolgreiches Leben. Die Professoren vermittelten mir die Fundamente für meine spätere
wissenschaftliche und persönliche Entwicklung. Sie reihen sich ein in die Liste international anerkannter
Wissenschaftler und humanistischer Persönlichkeiten.
Zu dieser Zeit forschten und lehrten an dieser Fakultät solche hervorragenden international anerkannten
Wissenschaftler wie die Professoren:
Wladimir Iwanowitsch Smirnow (1887 -1974) leitete ein international bekanntes Leningrader
Mathematisches Seminar. Sein fünfbändiger Lehrgang der höheren Mathematik ist ein Standardwerk für
Ingenieure und Physiker.
Grigorij Michailowitsch Fichtenholz´s (1888 – 1959) große wissenschaftliche Leistung
zeichnet sich durch die Gründung einer Leningrader Schule der reellen Analysis aus. Er ist Autor des
international bekannten dreibändigen Lehrbuches Differential- und Integralrechnung.
Dmitrij Konstantinowitsch Faddejew (1907 – 1989) ist der Gründer einer bedeutenden wissenschaftlichen
Schule für Zahlentheorie und Algebra. Neben Algebra beschäftigte er sich auch mit
Wahrscheinlichkeitstheorie, numerischer Mathematik und Mathematikdidaktik.
Jurij Wladimirowitsch Linnik (1915 – 1972), ein international anerkannter Wissenschaftler auf den
Gebieten Wahrscheinlichkeitstheorie und analytische Zahlentheorie.
Olga Alexandrowna Ladyshenskaja (1922 – 2004) leistete als hervorragende Mathematikerin Großartiges
auf dem Gebiet der Gleichungen der mathematischen Physik.
Nikolai Nikolajewitsch Poljachow (1906 – 1987) stand von 1954 – 1965 als Dekan der Mathematisch-
mechanischen Fakultät vor.
Er ist ein international bekannter Wissenschaftler auf den Gebieten der Aerohydromechanik, der
theoretischen Mechanik, der Flugdynamik und der Geschichte der Mechanik. Hohes Ansehen genießt sein
mit zwei seiner Schüler geschaffenes fundamentales Lehrbuch „Theoretische Mechanik“.
Über 30 Jahre hielt er Vorlesungen über „Theoretische Mechanik“. Er ist Gründer einer wissenschaftlich-
theoretischen Schule für „Schiffsbau“.
Sergej Wassiljewitsch Wallander (1917 -1975) war
Prorektor für Wissenschaft der Leningrader Universität 1952-1956;
Dekan der Mathematisch-mechanischen Fakultät 1965-1973 und
Leiter der Abteilung „Hydroaeromechanik“ 1950-1975.
Die wissenschaftlichen Interessen von Prof. Wallander bezogen sich auf Probleme der Überschall- und
Hyperschallgasdynamik, der Gittertheorie und Ende der fünfziger Jahre auf das neue Gebiet seiner
wissenschaftlichen Tätigkeit der Aerodynamik verdünnter Gase. Er ist der Gründer der Leningrader-
St.Petersburger wissenschaftlichen Schule „Aerodynamik verdünnter Gase“.
Prof. Wallander war einer der Pioniere der Entwicklung dieser
Wissenschaftsrichtung in der UdSSR. Für die hervoragenden
Leistungen auf diesem Gebiet erhielten er und seine Kollegen im Jahr
1973 einen Staatspreis der UdSSR.
Unter seiner Leitung erfolgten intensive Untersuchungen in den
neuen Forschungsrichtungen Aerodynamik verdünnter Gase und
physikalisch-chemische Aerodynamik. Die neue Thematik entstand im
Zusammenhang mit der Entwicklung von
Hochgeschwindigkeitsflugzeugen, der Raketen- und Kosmostechnik.
Notwendig wurden Untersuchungen von dynamischen Prozessen, die
bei Flügen von Körpern mit hohen Geschwindigkeiten in den oberen
Schichten der Atmosphäre und im kosmischen Raum, bei der
Strömung von Gasen in Vakuumapparaturen, in chemischen
Reaktoren, in der Mikroelektronik und bei der Lasertechnik ablaufen,
aber mit den traditionellen Modellen der kontinuierlichen Medien ohne
Berücksichtigung physikalisch-chemischer Prozesse nicht mehr
beschrieben und untersucht werden konnten.
Ausgangspunkt für die Untersuchung der genannten Probleme war
die von Prof.Wallander im Jahre 1960 aufgestellte kinetische Grundgleichung. Bekannt war bis dahin in der
kinetischen Gastheorie hauptsächlich die Integro-Differentialgleichung zur Bestimmung der
Verteilungsfunktion der Atome von Ludwig Boltzmann. Bei der Herleitung dieser Gleichung gab es
grundsätzlich zwei Annahmen: 1. daß die Atome hauptsächlich paarweise zusammenstoßen und 2. daß die
zusammenstoßenden Atome durch ein und die gleiche Verteilungsfunktion charakterisiert werden.
Bei der Herleitung seiner kinetischen Gleichung, einer reinen Integralgleichung, hat Prof. Wallander die
Dynamik, die auf dem kinetischen Prinzip beruht, deutlich von den physikalisch-chemischen Prozessen beim
Zusammenstoß der Atome untereinander und mit der Körperoberfläche voneinander getrennt. Hierzu führte
er zwei Funktionen ein, die von ihm als innere Transformante und Randtransformante bezeichnet wurden
und beide einen echten physikalischen Sinn haben. Die Randbedingungen wurden dadurch auf natürliche
Weise Teil der Gleichung für die Dynamik.
Auf der Grundlage dieser kinetischen Gleichung konnten nun mathematische Modelle für die Dynamik und
für die Transformanten unabhängig voneinander entwickelt werden. Ausgehend von dieser fundamentalen
Idee entstanden in der Folge drei selbstständige Zweige der Aerodynamik der verdünnten Gase.
1.
Kinetische Gleichungen und Transportgleichungen
2.
Physikalisch-chemische Gasdynamik
3.
Wechselwirkung von Gasatomen mit Oberflächen
Die für die neue Wissenschaftsrichtung zu lösenden Probleme waren sehr komplex und schwierig. Für die
Mathematiker stellten diese Aufgaben eine große Herausforderung sowohl bei der Modellierung als auch bei
der Lösung der mit der Praxis eng verbundenen Probleme dar. Es waren Kenntnisse auf solchen Gebieten
der Angewandten Mathematik notwendig, wie Analysis, Differential- und Integralgleichungen,
Wahrscheinlichkeitstheorie, insbesondere stochastische Prozesse, Asymptotik, Näherungsverfahren und
Aeromechanik.
Mit den Grundlagen für diese mathematischen Disziplinen konnte ich mich während der ersten vier Jahre
meines Studiums vertraut machen. Ab dem 5.Studienjahr wurde mir die Möglichkeit geboten regelmäßig an
den in der Abteilung „Hydroaeromechanik“ wöchentlich stattfindenden Wallanderschen Seminaren
teilzunehmen, auf denen Wissenschaftler seiner Abteilung, bekannte Spezialisten aus Hochschulen und
wissenschaftlichen Einrichtungen Leningrads oder aus anderen Städten der UdSSR die Ergebnisse ihrer
wissenschaftlichen Arbeiten vorstellten. Der danach stattfindende freie wissenschaftliche
Meinungsaustausch war immer sehr rege, interessant und lehrreich. Ich möchte besonders hervorheben,
daß bei diesen Veranstaltungen Prof. Wallander stets dazu beigetragen hat, daß infolge der Diskussionen
neue Aufgaben formuliert oder durch kluge Fragestellungen die weiteren Forschungen vertieft und gefördert
werden konnten. Prof. Wallander war nicht nur ein guter Lektor, sondern auch ein hervorragender
Seminarleiter, der von den Studenten, seinen Mitarbeitern und den Wissenschaftlern der Mathematisch-
mechanischen Fakultät sehr geschätzt wurde und ein hohes Ansehen hatte.
Die Teilnahme an den Wallanderschen Seminaren, die darauf folgenden fachlichen Diskussionen und
insbesondere die überragende wissenschaftliche und menschliche Persönlichkeit S. W. Wallanders hatten
einen nachhaltigen und prägenden Eindruck auf mich.
Durch den regelmäßigen Besuch des Wallanderschen Seminars lernte ich meinen Kommilitonen und Freund
Roman Nikolajewitsch Miroschin näher kennen. Wir hatten beide die gleichen fachlichen Interessen, wir
waren durch die unterschiedlichen und doch ähnlichen Schicksale unserer Väter – sein Vater starb 1943 in
der Schlacht um Kursk, mein Vater war von 1941-1945 im KZ Sachsenhausen – eng verbunden. Nach den
Vorlesungen oder Seminaren spazierten wir oft – das Wetter spielte dabei keine Rolle - durch Leningrad, ob
es entlang der Newa war oder wir den Newskij Prospekt hin und zurück abschritten und dabei über
wissenschaftliche Probleme, Politik, Literatur oder Kunst diskutierten. Für mich waren alle diese Gespräche
eine große Bereicherung, da Roman schon zur damaligen Zeit über ein großes Wissen verfügte. Auch für
ihn ist der Gedankenaustausch während unserer gemeinsamen Stunden in Leningrad in seinen
Erinnerungen fest haften geblieben. Noch heute sprechen wir oft über unsere gemeinsamen Erlebnisse.
Über die Vorlesungen zu speziellen Problemen der Aerodynamik an der Mathematisch-mechanischen
Fakultät und durch zahlreiche Vorträge im Wallanderschen Seminar lernten wir beide Prof. Rem
Georgijewitsch Barantzew kennen. Er war Schüler und einer der engsten Mitarbeiter von Prof. Wallander.
Er war gerade mal sieben Jahre älter als wir, besaß aber schon damals ein außergewöhnlich breites Wissen
in der Mathematik und in der Aerohydromechnik. Er zählt zu den Wissenschaftlern, der nach der Aufstellung
der Wallanderschen kinetischen Grundgleichung die ersten fundamentalen Ergebnisse zur Aerodynamik der
verdünnten Gase lieferte.
Inspiriert durch die ersten Ergebnisse auf dem neuen Fachgebiet, durch die Vorlesungen an der Fakultät und
durch das wissenschaftliche Leben im Wallanderschen Seminar wollten Roman und ich unsere Diplomarbeit
auf dem Gebiet der Aerodynamik verdünnter Gase schreiben. Die Themen zu diesen Arbeiten stellte uns
Prof. Barantzew. Für mich betraf das eine Aufgabenstellung auf dem Gebiet der Umströmung von Körpern
durch verdünntes Gas bei Hyperschallgeschwindigkeiten. Roman hatte ein Problem zur Wechselwirkung von
Gasatomen mit Oberflächen zu lösen. Nach erfolgreichem Abschluß der Diplomarbeiten führten wir während
unserer Aspirantur auf den genannten Gebieten die Forschungsarbeiten unter der Betreuung von Prof.
Barantzew weiter. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen fassten wir in unseren Dissertationschriften
zusammen und veröffentlichten sie auch später in wissenschaftlichen Zeitschriften, wie z.B. auch den Artikel
“Ein asymptotisches Verfahren in der Superaerodynamik”. Interessant sind auch heute noch die Gutachten
unseres Betreuers und ein Protokoll zur Verteidigung unserer Dissertationen. Nach der erfolgreichen
Promotion kehrte ich in die DDR zurück, währenddem Roman seine wissenschaftliche Laufbahn an der
Mathematisch-mechanischen Fakultät fortsetzte.
Da Roman Nikolajewitsch Miroschin ein guter Freund für mich ist und Rem Georgijewitsch Barantzew
während der Aspirantur unser gemeinsamer Betreuer war, möchte ich die wissenschaftliche Laufbahn der
beiden Wissenschaftler und die hauptsächlich dabei erzielten Forschungsergebnisse näher darlegen.
Rem Georgijewitsch Barantzew
Professor, Dr. der physikalisch-mathematischen Wissenschaften.
Er wurde am 2. Oktober 1931 in Kirow geboren, beendete 1954 sein Studium an der Mathematisch-
mechanischen Fakultät der Leningrader Staatlichen Universität, war Aspirant in der Abteilung
„Hydroaeromechanik“ 1954-1957, wissenschaftlicher Assistent 1957-1959, Dozent 1959-1968, Verteidigung
seiner Dr. sc.- Arbeit 1964, Professor ab 1968, wissenschaftlicher
Studienaufenthalt am Königlichen College der Londoner Universität
1970.
Seine Lehrtätigkeit an der Mathematisch-mechanischen Fakultät begann
Rem Georgijewitsch schon als wissenschaftlicher Assistent mit dem
Spezialkurs „Transsonische Gasdynamik“. Dann bereits schon als
Dozent und Professor hielt er die grundlegenden Vorlesungen
„Hydromechanik“, „Gasdynamik“, „Aerodynamik verdünnter Gase“ sowie
die von ihm organisierten Spezialvorlesungen
„Hyperschallaerodynamik“, „Asymptotische Methoden“ und
„Wechselwirkung von Gasen mit Oberflächen“. Zu diesen Spezialkursen
führte er auch entsprechende Seminare durch. Später kamen dann noch
Vorlesungen über „Theoretische Physik“ für Mathematiker und
„Konzeptionen der modernen Naturwissenschaft“ für Studenten
gesellschaftswissenschaftlicher Fakultäten der Universität hinzu.
Großen Raum in seinem Lehrplan nahm die Betreuung von Studenten
und Aspiranten bei ihrer wissenschaftlichen Arbeit ein. Er betreute ca.
100 Diplomarbeiten, 34 Doktoranden, von denen nach ihrer Promotion
5 ihre Dr.sc.-Arbeit mit Erfolg verteidigten und zum Professor ernannt
wurden.
Das wissenschaftliche Interesse von Prof. Barantzew umfaßt ein großes
Spektrum an Fachrichtungen in der Mathematik, Physik, Mechanik und
auch der Philosophie. Seine Spezialgebiete waren Hydroaeromechanik,
Asymptotische Mathematik, Theoretische Physik, Semiodynamik, Synergetik, Trinitarische Philosophie.
Seine fundamentalen wissenschaftlichen Erfolge erzielte er auf den Gebieten:
Transsonische Gasdynamik – exakte Lösung von Randwertaufgaben für die Geichung von Tschaplygin
(Dissertation)
Hyperschallaerodynamik – strenge Asymptotik für eine dünne Stoßwelle;
Aerodynamik verdünnter Gase – lokale Methode zur aerodynamischen Berechnung in verdünnten
Gasen;
Theorie der Wechselwirkung von Gasen mit Oberflächen – Formulierung und Lösung von Aufgaben
zur Streuung an rauhen Oberflächen;
Asymptotische Mathematik – Definition des Fachgebietes, Methode der Ordnungsgleichungen ,
asymptotische Verallgemeinerung der Fourier-Transformation;
Synergetik – offene Methodologie;
Trinitarische Philosophie – semantische Formel für die Systemtrinität, das Prinzip der
Unbestimmtheit– Ergänzung – Gemeinsamkeit.
Aufgrund seiner hervorragenden wissenschaftlichen Ergebnisse war er auch im Ausland bekannt und er
wurde zu Vorträgen und Spezialvorlesungen in verschiedene Länder eingeladen: Ungarn – 1962, Polen –
1968, 1975, 1994, Großbritannien – 1970, China – 1996, 2002, Deutschland – 1997, Tschechien – 1997,
1998, Frankreich – 2005, Schweiz – 2007, Finnland – 2009. Sehr aktiv war auch seine Teilnahme an
nationalen und internationalen Tagungen und Symposien.
Die Vielfalt der wissenschaftlichen Interessen von Rem Georgijewitsch war ständig auf solche
Forschungsarbeiten ausgerichtet, die einen engen Bezug zu Aufgaben in der Abteilung von Prof. Wallander,
zur Vorlesungstätigkeit an der Mathematisch-mechanischen Fakultät und insbesondere auf Anforderungen
der Wirtschaft und der entsprechenden Staatsaufträge hatten. In diesem Zusammenhang stellte Prof.
Wallander ihm die Aufgabe, Probleme der Wechselwirkung von verdünnten Gasen mit Oberflächen
kosmischer Apparate zu untersuchen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen waren hauptsächlich Inhalt
seiner Dr. sc.-Arbeit und einer Monografie. Sie fanden breite Anwendung bei der Lösung der in den
Staatsaufträgen gestellten Aufgaben zur Kosmosforschung. Für diese Ergebnisse erhielten 1973 Prof.
Wallander, Prof. Barantzew und weitere Mitarbeiter einen hohen Staatspreis.
Bei seinen Forschungsarbeiten und der Sortierung seiner zahlreichen Veröffentlichungen unterscheidet Prof.
Barantzew für sich vier Schaffensperioden: Thematische Periode, Übergangsperiode, methodische Periode
und semantische Periode. Er veröffentlichte mehr als 440 wissenschaftliche Arbeiten, davon 16 Monografien
und 5 Lehrbücher. Die vollständige Liste der Veröffentlichungen finden sie hier.
Bei den genannten Forschungsperioden werde ich nicht auf die einzelnen untersuchten Probleme und die
dabei erzielten Ergebnisse eingehen, sondern mich auf die Hauptrichtungen der Forschungen und die dazu
in Monografien oder Lehrbüchern festgehaltenen Ergebnisse konzentrieren, die in russischer Sprache
geschrieben sind. Die Zahlen in Klammern bedeuten die entsprechenden Stellen in der Liste der
Veröffentlichungen.
In der thematischen Periode (hauptsächlich 1955-1970) konzentrierten sich die Arbeiten auf die Gebiete:
Transsonische Gasdynamik – Resultate dieser Untersuchungen fanden ihren Niederschlag in der
Monografie „Vorlesungen über transsonische Gasdynamik“ 1965 (39)
Hyperschallaerodynamik – zu diesem Forschungsgebiet entstanden zwei
Lehrbücher:„Hyperschallaerodynamik idealer Gase“ 1983 (150) und
„Asymptotische Methoden in der
Hyperschallaerodynamik“ 1983 (151)
Dynamik verdünnter Gase - hierzu wurde die Monografie „Lokale Methode zur
aerodynamischen
Berechnung in einem verdünnten Gas“ 1976 (99) veröffentlicht
Wechselwirkung von Gasen mit Oberflächen – im Jahre 1975 erschien die Monografie
„Wechselwirkung von verdünnten Gasen mit umströmten Oberflächen“ (95) und 1990 das Lehrbuch
„Wechselwirkung eines Gases mit einer Oberfläche“
(205).
Mathematik – die Anwendung asymptotischer Methoden in der Hydroaeromechanik sind Gegenstand
im Lehrbuch „Asymptotische Methoden in der Mechanik der Gase und Flüssigkeiten“ 1987 (179). Einen
sehr guten Überblick über den Zustand der asymptotischen Mathematik bekommt man durch die
Monografie „Asymptotische Mathematik und Synergetik“ 2004 (368)
Als Übergangsperiode bezeichnet Prof. Barantzew den Zeitabschnitt in seiner wissenschaftlichen Tätigkeit,
in dem er von der Ebene der Aufgaben immer mehr zur Ebene der Methoden wechselte und damit die
Prioritäten so setzte, dass nicht die Methode für eine Aufgabe, sondern die Aufgabe für eine Methode im
Vordergrund stand. Als Methode betrachtet man gewöhnlich ein Instrument, mit dessen Hilfe die
entsprechende Aufgabe gelöst wird. Die Methode als solche kann aber von Interesse sein, indem sie nicht
nur als Instrument zur Lösung von Aufgaben betrachtet wird, sondern auch selbst als
Forschungsgegenstand dient.
Dieser Zeitabschnitt begann ungefähr im Jahre 1967 und setzt sich bis heute fort. Das Wesentliche dabei ist,
dass er seine Veröffentlichungen einerseits nach den Aufgaben (Inhalt) und andererseits nach den
Methoden (Form) systematisierte.
Die Systematik nach den Aufgaben umfaßt 3 große Bereiche: Gasdynamik, Streuungstheorie und Dynamik
verdünnter Gase.
Die Systematik nach Methoden beinhaltet 4 Hauptbereiche: Variablenseparation, asymptotische Methoden,
Darstellungsverfahren, Systematikprobleme.
In der methodischen Periode – beginnend im Jahre 1967 – standen insbesondere folgende drei Gruppen
von Methoden im Vordergrund der wissenschaftlichen Untersuchungen:
Exakte Methoden – hierzu findet man in der Liste der Veröffentlichungen zahlreiche Artikel, die diesem
Aufgabengebiet gewidmet sind.
Asymptotische Verfahren – Für Prof. Barantzew waren die Untersuchungen zu den asymptotischen
Verfahren einer der wichtigsten Schwerpunkte sowohl in seiner Forschungsarbeit als auch in der
Lehrtätigkeit. Die fundamentalen Ergebnisse auf diesem Gebiet finden wir in den beiden
Übersichtsartikeln „Perspektivische Ideen in der asymptotischen Methodologie“ 2002 (304) und
„Asymptotic approaches in mechanics: New parameters and procedures“ 2003 (344), in den zwei
Lehrbüchern „Asymptotische Methoden in der Hyperschallaerodynamik“ 1983 (151) und
„Asymptotische Methoden in der Mechanik der Gase und Flüssigkeiten“ 1987 (179),
in dem Buch
„Asymptotische Mathematik und Synergetik“ 2004 (368) sowie in den Beiträgen „Asymptotik und die
'sanfte' Mathematik“ 2004 (375) und „Wie funktionieren asymptotische Methoden“ 2011.
Heuristische Verfahren – ca. 30 Artikel verfasste Prof.Barantzew zu diesem Problemkreis.
Einen breiten Raum in der wissenschaftlichen Tätigkeit von Prof. Barantzew nahm die semantische Periode
ein. Währenddem in der thematischen Periode bei der Lösung konkreter Aufgaben danach gestrebt wurde,
die Frage „Was?“ zu beantworten, in der methodischen Periode die Frage „Wie?“ , so trat immer mehr
unausweichlich die Frage „Warum? - Weshalb?“ in den Vordergrund und damit insgesamt die ganzheitliche
Betrachtung der Gegenwart. Das führte dazu, dass nun der Versuch unternommen wurde, die dabei
auftretenden allgemeinen Gesetzmäßigkeiten mit Hilfe der Dynamik von Symbolsystemen zu verstehen und
zu untersuchen und somit drei Forschungsrichtungen von großem Interesse wurden:
Semiodynamik – dieser Begriff entstand am 30.09.1980 bei der Suche nach einem Namen für ein
Seminar, das sich mit der Untersuchung allgemeiner
Gesetzmäßigkeiten des Entstehens, der
Entwicklung und des Absterbens natürlicher Systeme befaßte. Das Interesse an der dynamischen
Theorie von Symbolsystemen entstand dadurch, dass die traditionelle Semiotik dem Wesen
nach
statisch war, aber das Leben in all seinen Formen ohne Bewegung nicht denkbar ist. Unabhängig von
der Fachrichtung erlaubt der Symbolansatz die
allgemeinen Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung in der
strukturellen Dynamik von
Systemen zu finden. Das Seminar arbeitete erfolgreich an der Leningrader
Universität von Oktober 1980 bis März 1983. Es wurde in dieser Zeit der Sammelband „Semiodynamik.
Seminarbeiträge“ zum Druck fertiggestellt, konnte aber leider damals nicht – da als ideologisch
schädlich eingeschätzt – veröffentlicht werden und wurde erst im Jahre 1994 herausgegeben. Die
dramatische Geschichte der Semiodynamik ist in dem Buch „Geschichte der Semiodynamik:
Dokumente, Diskussionen, Kommentare“ 2006 (404) zusammengefaßt. Die Semiodynamik hat ihren
Geburtsort in der Leningrader Universität und ist eng mit dem Namen von Prof. Barantzew verbunden.
Synergetik – ca. 40 Publikationen finden wir in der Liste der Veröffentlichungen von Prof. Barantzew,
die diesem Fachgebiet gewidmet sind. In dem Buch „Synergetik in der modernen Naturwissenschaft“
2003 (358) hat er die Vorlesungen zusammengefaßt, die er vor Studenten der
gesellschaftswissenschaftlichen Fakultäten der St.Petersburger Universität gehalten hat.
Trinität – auf diesem Gebiet befaßt sich Prof. Barantzew mit Fragen der Philosophie und ihrer
Verknüpfung mit den Naturwissenschaften. Eine ausführliche Darlegung der trinitarischen Methodologie
finden wir in dem Übersichtsartikel „Über die trinitarische Methodologie“ 1998 (266), in dem Lehrbuch
„Konzeptionen der modernen Naturwissenschaft“ 2001 (314), in den Monografien „Synergetik in der
modernen Naturwissenschaft“ 2003 (358) und „Entstehung des trinitarischen Denkens“ 2005 (392)
sowie in dem Übersichtsartikel „Wiedergeburt des trinitarischen Bewußtseins im modernen Russland“
2004 (366). Von Interesse ist auch der Artikel „Philosophischer Aspekt der asymptotischen Mathematik“
2005.
In den Jahren 2005-2010 erschienen insgesamt 13 Bücher von Prof. Barantzew. Davon sieben Bände seiner
Briefe mit Zeitgenossen und sechs Bücher mit Erinnerungen, Dokumenten, Ansichten und
Forschungsergebnissen zu Fragen der Naturwissenschaft und Philosophie. Dem interessierten Leser wird
hier das Buch „Ausgewählte Beiträge“ vorgestellt. Ganz neu ist das 2012 erschienene Buch „Überbleibsel“.
Prof. Dr. Rem Georgijewitsch Barantzew ist
Mitglied der St.Petersburger Mathematischen Gesellschaft seit 1960,
Träger des Staatspreises der UdSSR 1973 für Arbeiten auf dem Gebiet der Aerodynamik,
Mitglied der Internationalen Ukrainischen Akademie für innovative Ideen seit 1993,
Mitglied des Exekutivkomitees der Internationalen Liga zum Schutz der Kultur seit 1996,
Mitglied des Wissenschaftlichen Rates der Union St.Petersburger Wissenschaftler seit 1999,
Mitglied der Russischen Volksakademie der Wissenschaften seit 2002,
Mitglied der Russischen Akademie der Naturwissenschaften seit 2003,
Mitglied der St.Petersburger Philosophischen Gesellschaft seit 2005
Roman Nikolajewitsch Miroschin
Professor, Dr. der physikalisch-mathematischen Wissenschaften.
Er wurde am 1. Dezember 1938 in Leningrad geboren, beendete 1962 sein Studium an der Mathematisch-
mechanischen Fakultät der Leningrader Staatlichen Universität, war Aspirant in der Abteilung
„Hydroaeromechanik“ 1962-1965, Promotion 1966, Leiter der Versuchsstelle für Aerodynamik der
Leningrader Universität 1970-1990, Verteidigung seiner Dr.sc.-Arbeit 1981, Professor ab 1990, leitender
Spezialist der Mathematisch-mechanischen Fakultät ab 2001.
Seine Lehrtätigkeit begann Prof. Miroschin im Jahre 1966 mit der Vorlesung „Turbulenztheorie“. Diese
Vorlesung war von einer derartigen Relevanz, so dass er sie bis zum Jahre 1992 ununterbrochen fortführte.
Die Einführungslektion „Über Turbulenz“ zu diesem Vorlesungskurs wird hier als Beispiel (in Russ.)
angegeben. In der Folgezeit kamen dann noch die Vorlesungen „Zufällige Prozesse und Felder“ und
„Stabilitäts- und Steuerungstheorie“ hinzu.
Er betreute zahlreiche Diplomarbeiten, 7 Doktoranden, von denen 3 nach erfolgreicher Promotion auch ihre
Dr. sc.-Arbeit verteidigen konnten.
Seine hervorragenden wissenschaftlichen Ergebnisse erzielte er auf den Gebieten:
Aerodynamik verdünnter Gase, Theorie der Zufallsprozesse, Nichtlineare Mechanik, Mathematische
Analysis und Theorie der Speziellen Funktionen der Mathematischen Physik.
Besonders hervorzuheben sind dabei seine Beiträge zur Theorie der lokalen Wechselwirkung, Lösung von
Umkehrproblemen der nichtlinearen Dynamik, notwendige und hinreichende Bedingung für die Endlichkeit
der Momente der Nullstellen für Gaußsche stationäre Prozesse, Untersuchung der Konvergenz der Reihen
von Rice und Longe-Higgins für einige Gaußsche Prozesse.
Die Ergebnisse finden in über 170 Veröffentlichungen ihren Niederschlag (Beispiele sind: 1, 2 und 3), davon
in 4 Monografien und einem Lehrbuch. Insgesamt 8 Sammelbände „Aerodynamik“ ,in denen
Forschungsergebnisse wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Hydroaeromechanik und der
Versuchsstellen für Aerodynamik und Gasdynamik aufgenommen wurden, sind unter seiner Redaktion
erschienen. Er hielt zahlreiche Vorträge zu Fragen der Mathematik und Mechanik auf nationalen und
internationalen Seminaren, Tagungen, Symposien und Kongressen.
Aufgrund der wissenschaftlichen Bedeutung der theoretischen Forschungsergebnisse von Prof. Miroschin
sowohl für die Mathematik als auch für die Hydroaeromechanik und ihren Anwendungen zur Lösung von
Problemen der Kosmosforschung und des Schiffbaus seien hier nur die Titel der Monografien und des
Lehrbuches genannt.
Kurvenschnittpunkte durch Gaußsche Prozesse, 1981
Theorie der lokalen Wechselwirkung, 1991
Lokale Methoden in der Mechanik kontinuierlicher Medien, 2002
Zufällige Prozesse und Felder, 2003 (Lehrbuch)
Momentenmethode in der Aerodynamik, 2012
Das Interesse an seinen wissenschaftlichen Ergebnissen ist sehr groß, wovon die zahlreichen Zitierungen
seiner Arbeiten in international führenden Zeitschriften des westlichen Auslands, wie in Frankreich,
Großbritannien, USA, Italien u.a. Ländern, zeugen. Interessant ist auch, daß die NASA die veröffentlichten
Forschungsergebnisse aufmerksam verfolgte, wie ein Beispiel zeigt.
Anfang der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts erwuchsen im Zusammenhang mit der Erforschung
des Kosmos, der Raketen- und Satellitentechnik gewaltige Aufgaben von nationaler Bedeutung für die
Sowjetunion im Wettstreit mit den USA. Dies führte zur erheblichen Intensivierung der Effektivität der
Forschungsarbeiten in der Abteilung für Hydroaeromechanik und den ihr angeschlossenen Versuchsstellen
für Aerodynamik und Gasdynamik. Der wissenschaftliche Leiter all dieser Arbeiten war Prof. Dr.
S.W.Wallander. Die ersten Satellitenflüge der UdSSR zeigten, daß der Mythos eines „luftleeren Raumes“
nicht mehr haltbar war, da unter der Einwirkung von stark verdünnten Gasen die Sputniks abgebremst
wurden und beim Eintritt in immer dichtere Schichten der Atmosphäre dann im Verlauf mehrerer Monate
vollständig verschwanden, d.h. verglühten. Durch diese Umstände waren die Wissenschaftler gezwungen,
Lösungen von Aufgaben bei der Umströmung von Flugkörpern durch verdünnte Gase bei hohen
Geschwindigkeiten zu finden
Prof. Wallander reagierte mit als erster auf diese Anforderungen der Zeit. Er organisierte sehr schnell alle
notwendigen organisatorischen, wissenschaftlichen und ausbildungswichtigen Maßnahmen zur Entwicklung
der Wissenschaft über die Dynamik verdünnter Gase. Das Interesse externer mit der Kosmosforschung eng
verknüpfter Einrichtungen an Spezialisten auf dem genannten Gebiet war sehr groß. Sie erhielten
Unterstützung, indem fast alle Studienabgänger der Mathematisch-mechanischen Fakultät in den Jahren
1962 und 1963 an diese Einrichtungen vermittelt wurden, nach dem sie sich noch zusätzlich ein halbes Jahr
mit den Grundlagen der Raketentechnik, der Physik und der Dynamik der verdünnten Gase vertraut
gemacht hatten.
Prof. Wallander erkannte die gewaltige Schwierigkeit der gestellten Aufgaben, zu deren Lösungen er auch
hervorragende junge Wissenschaftler in seinem engeren Kreise brauchte. Zu diesen Wissenschaftlern, die in
seiner Abteilung verblieben, gehörten auch Roman Nikolajewitsch Miroschin und unser gemeinsamer Lehrer
Prof. Barantzew.
Im Jahre 1961 wurde am Wallanderschen Lehrstuhl die Spezialisierung „Dynamik der verdünnten Gase“
eingeführt. 1962 fand an der Leningrader Universität die erste Allunionskonferenz über Dynamik der
verdünnten Gase statt. Ab 1963 wurden regelmäßig die thematischen Sammelbände wissenschaftlicher
Arbeiten „Aerodynamik verdünnter Gase“ veröffentlicht. Insgesamt erschienen 11 Sammelbände bis 1983.
Auf der Grundlage der von Prof. Wallander hergeleiteten fundamentalen Integralgleichung gelang es ihm
und seinen Mitarbeitern, wegweisende Ideen zu mathematischen Modellen bei der Lösung von Aufgaben der
kinetischen Gastheorie einzubringen. So gelang es Prof.Miroschin enge Verbindungen der Integralgleichung
zu Gaußschen und Markowschen Prozessen nachzuweisen, insbesondere bei der Wechselwirkung der
Gasatome mit der Körperoberfläche.
In seiner Monografie „Lokale Methoden in der Mechanik kontinuierlicher Medien“ entwickelt Prof. Miroschin
ein mathematisches Modell für die Wechselwirkung eines sich bewegenden Körpers mit dem ihn
umgebenden Medium, indem lokale Methoden verallgemeinert werden, die in der Praxis bei der Bestimmung
von Kräfte- und Momentencharakteristiken angewandt werden. Die Untersuchungen auf diesen Gebiet der
Mechanik, die ihren Ursprung in den Arbeiten von Epikur und Newton haben, finden breite Anwendungen in
der modernen Technik, insbesondere bei der Bewegung von Körpern mit hohen Geschwindigkeiten. Im
Zusammenhang mit der Entwicklung von Hyperschallflugzeugen und der Raketentechnik sind die hier
gefundenen Berechnungs-methoden von fundamentaler Bedeutung. Im weiteren führten diese Methoden zu
einer ausgewiesenen „Theorie der lokalen Wechselwirkung“, die auch in einer Monografie von Prof.
Miroschin dargestellt wird. Die in beiden Monografien vorgestellten Verfahren sind geeignet zur Berechung
der Strömungscharakteristiken bei der Bewegung von Körpern beliebiger Form in unterschiedlichen Medien.
Im Zusammenhang mit dem geplanten Umzug der Mathematisch-mechanischen Fakultät und dem
Wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Mathematik und Mechanik der Leningrader Universität nach
Peterhof übergab im Jahre 1969 Prof. Wallander dem im Jahre 1966 promovierten Wissenschaftler Roman
Nikolajewitsch Miroschin die gesamte Verantwortung für den Umzug der experimentellen Basis der
Versuchsstelle Aerodynamik nach Peterhof. Für einen Theoretiker bedeutete dies eine höchst komplizierte
Aufgabe. Prof. Wallander vertraute aber den organisatorischen Fähigkeiten seines Mitarbeiters.
Im Jahre 1970 übernahm Roman Miroschin die Leitung der Versuchsstelle „Aerodynamik“. In dieser Funktion
oblag es ihm, sich sowohl mit der Projektierung und dem Bau des Gebäudes für die Versuchsstelle als auch
der Projektierung und dem Bau der beiden aerodynamischen Windkanäle AT-11 und AT-12 zu befassen.
Prof. Miroschin war Leiter der Versuchsstelle „Aerodynamik“ bis 1990. Von 1978 bis heute leitet er ein
wöchentliches wissenschaftliches Seminar in der Versuchsstelle „Aerodynamik“, in dem
Forschungsergebnisse der Versuchsstellen für Aerodynamik und Gasdynamik und der Abteilung
Hydroaeromechanik vorgestellt werden. Die Ergebnisse werden regelmäßig in den Sammelbänden
„Aerodynamik“ abgedruckt und unter der Redaktion von Prof.Miroschin veröffentlicht.
Wenn man über den Mathematik-Professor Miroschin spricht, darf man keinesfalls seine Leidenschaft für die
Kunst vergessen. Dem Vorbild des Vaters folgend, befaßt er sich bis auf den heutigen Tag mit Malerei. Er hat
bis heute mehr als 3000 Kunstwerke – Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen mit Bleistift oder Farbstiften,
Linolschnitte – geschaffen. Außerdem verfasste er zahlreiche populärwissenschaftliche Arbeiten und
biografische Essays.
Die von Prof. Wallander gegründete wissenschaftiche Schule „Aerodynamik verdünnter Gase“ an der
Leningrader - St.Petersburger Universität hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer führenden Lehr- und
Forschungsstätte auf dem genannten Gebiet in Russland und auch im Weltmaßstab entwickelt. Die
wissenschaftlichen Arbeiten haben sich ständig an folgenden Leitprinzipien orientiert:
1.
Die Forschungsthemen wurden hauptsächlich nach dem Prinzip der Anwendbarkeit ihrer Ergebnisse
in der Praxix ausgewählt.
2.
Die Forschungsthemen wurden komplex untersucht, d.h. Anwendung exakter mathematischer und
numerischer Methoden sowie Schaffung experimenteller Versuchsstellen zur praktischen Erprobung
der erzielten Forschungsergebnisse.
3.
Gesamtumfassende Betrachtungsweise bei der Lösung von Aufgaben bedeutender Großprojekte
unter Berücksichtigung wissenschaftlicher, administrativer, finanzieller, personeller, experimenteller
u.a. Probleme.
4.
Mathematisierung der theoretischen Forschungsarbeiten. Wenn in dem Arsenal der Mathematik kein
geeignetes Instrumentarium zur Lösung der Aufgaben gefunden wurde, ging man nach dem Prinzip
„Aut viam inveniam aut faciam“ (Entweder ich finde einen Weg, oder ich bahne mir einen!) vor. Diese
Mathematisierung wurde auf einem hohen modernen Niveau durchgeführt. Die entsprechenden
Forschungsergebnisse wurden auf mathematischen Konferenzen oder Kongressen vorgetragen und
viele von denen sind in international bekannten Fachzeitschriften veröffentlicht worden. Das hohe
Niveau der von den Hydroaeromechanikern der St.Petersburger Universität erreichten
Mathematisierung ihrer Forschungen findet kein Analogon nicht nur in Russland, sondern auch im
Weltmaßstab. Dies zeigt sich neben den Veröffentlichungen in den Fachzeitschriften auch in den
zahlreichen Monografien und Lehrbüchern.
5.
Regelmäßige Durchführung wissenschaftlicher Seminare. Zunächst existierte das wöchentliche
Wallandersche Seminar, das nach seinem Tode von einigen seiner Schüler fortgeführt wurde. Nach
dem Umzug nach Peterhof wurde es aufgeteilt in ein wöchentliches Seminar der Abteilung
Hydroaeromechanik, auf dem umfassende Arbeiten (z.B. Dissertationen, Übersichtsbeiträge u.a.)
vorgetragen werden, und einem wöchentlichen Arbeitsseminar in der Versuchsstelle für Aerodynamik
unter der Leitung von Prof. Miroschin.
Bei der wissenschaftlichen Entwicklung der von Prof. Wallander initiierten Forschungsrichtung
„Aerodynamik verdünnter Gase“ wurden an der Leningrader – St. Petersburger Universität von 1960 bis
heute überragende Leistungen in der theoretischen Forschung und bei der Lösung komplexer für die
Volkswirtschaft Russlands wichtiger Aufgaben erbracht. Einen großen Anteil an der Bewältigung dieser
Aufgaben hatten die beiden hervorragenden Wissenschaftler Prof. Dr. Rem Georgijewitsch Barantzew und
Prof. Dr. Roman Nikolajewitsch Miroschin.
Ich bin dankbar für den glücklichen Umstand, dass ich mit diesen beiden Wissenschaftlern jahrelang
zusammenarbeiten und mit ihnen gemeinsam an der Lösung von Problemen von großer wissenschaftlicher
und praktischer Bedeutung – mein Beitrag war nur ein bescheidener – mitwirken konnte. Während meines
Aufenthaltes in Leningrad haben mich beide hilfsbereit und freundschaftlich unterstützt. Beides sind
Menschen mit außergewöhnlicher wissenschaftlicher Intuition, mit hervorragenden Charaktereigenschaften,
aufgeschlossen und tolerant, konsequent in der Arbeit und der menschlichen Haltung. Die Freundschaft zu
Roman Nikolajewitsch besteht nun schon mehr als 50 Jahre. Unser reger Brief- und Email-Verkehr dauert
bis heute an. Höhepunkte unserer Freundschaft sind Begegnungen, wann immer sie sich bieten. Wir haben
uns noch viel zu erzählen, das soll auch so bleiben.
Quellenverzeichnis
1.
Баранцев Р. Г.
Крупицы памяти
Институт Компьютерных Исследований, Москва – Ижевск, 2007
2.
Аэродинамика
К 90-летию со дня рождения Сергея Васильевича Валландера
Сборник статьей
Под редакцией профессора Р. Н. Мирошина
Москва, Издатель И. В. Балабанов, 2008
3.
Баранцев Р. Г.
Знаки внимания: отклики, отзывы, рецензии
Институт Компьютерных Исследований, Москва – Ижевск, 2010